Thomas Schmaus

"Heinrich Rombachs Konzept des ,menschlichen Menschen‘ als Interpretament für aktuelle Narrative des Anthropozän"

Die Strukturphilosophie Heinrich Rombachs (1923-2004), die ihrem Selbstverständnis nach phänomenologisch orientiert ist, aber auch als „anonymer Postmodernismus“ (Wolfgang Welsch) bezeichnet wurde, beinhaltet eine Anthropologie, deren Potential für den posthumanen Diskurs noch auszuloten ist. Im Zusammenhang einer relationalen monistischen Ontologie versteht Rombach ,den Menschen‘ als dynamisches Wesen, das in „ontologischer Partnerschaft“ zu allem steht, was ist bzw. wird.

Der Mensch erscheint hier als Moment von Strukturprozessen, deren Eigendynamik besondere Bedeutung zukomme. Strukturen sei ein schöpferisches Potential inhärent, das sie durch Rückkoppelungen zwischen den einzelnen Momenten über sich hinaustreibe. Menschen, denen es gelingt, solche Steigerungsbewegungen „konkreativ“ (mit) zu vollziehen und sich dabei selbst zu transzendieren, bezeichnet Rombach als „menschliche Menschen“.

Damit bringt Rombach eine genuine Version des Posthumanen ins Spiel, die sich von einer Höherführung des Menschen durch Selbstbehauptung und -optimierung absetzt und stattdessen darauf abhebt, dass das Menschliche des Menschen darin läge, sich selbst als eigenständige Entität aufzugeben und auf den dynamischen Fluss der Wirklichkeit einzulassen.

In meinem Beitrag möchte ich erörtern, inwiefern sich mit Rombachs Ansatz bereits etablierte „Narrative des Anthropozän“ (Gabriele Dürbeck) einer Re-Interpretation unterziehen lassen bzw. welche neuen und ggf. fruchtbaren Deutungen sich dadurch ergeben können. Dieses Unternehmen erscheint auch deswegen vielversprechend, weil die Strukturphilosophie das bipolare Konstrukt von Natur und Kultur unterläuft, ohne dabei auf bekannte Muster der Dekonstruktion zurückzugreifen. Nicht zuletzt stellt Rombach seiner posthumanen Utopie eine Dystopie entgegen, die ihrem Pendant zum Verwechseln ähnlich sieht, was dazu anregt, den feinen, aber womöglich entscheidenden Unterschieden und Weichenstellungen bei möglichen Wegen über den Menschen hinaus besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

 

 

"Heinrich Rombach‘s concept of the ‘humane human being‘ as a way to interpret current narratives of the anthropocene"

The structural philosophy of Heinrich Rombach (1923-2004), according to its author, is based on phenomenology, but was also described as "anonymous postmodernism" (Wolfgang Welsch). It contains an anthropology whose potential for posthuman discourse is still to be fathomed. In the context of his relational monistic ontology Rombach understands 'man' as a dynamic being that stands in "ontological partnership" with everything that is resp. becomes.

The human being appears in this concept as a moment of structural processes with their own dynamics. These structures contain creative and self-transcending potentials which are realized by feedback between their particular moments. Human beings, who are able to follow such elevation-processes „concreatively“ and thereby transcend themselves, are called "humane human beings" by Rombach.

In this way a version of the posthuman is created which differs from a development of the human being through self-assertion and self-optimization. Instead it emphasizes that the humanity of the human being lies in abandoning oneself as an independent entity and entering into the dynamic flow of reality.

In my paper, I would like to discuss the extent to which Rombach's approach can re-interpret already established "narratives of the anthropocene" (Gabriele Dürbeck), or which new and possibly fruitful interpretations can result from it. This attempt appears promising because structural philosophy undermines the bipolar construct of nature and culture without using familiar patterns of deconstruction. Last but not least the confusing resemblance of a posthuman utopia  to its dystopian counterpart, as sketched by Rombach, will encourage a deeper and more subtle understanding of possible ways to go beyond man.

 

 

Thomas Schmaus

Kurzvita:

• 1978 // geboren in Augsburg

• 1998 – 2004 // Studium der Philosophie und kath. Theologie in München und Wien

• 1999 – 2009 // Studentische und Wissenschaftliche Hilfskraft an der LMU München

• 2004 // Diplom in kath. Theologie

• 2004 – 2010 // Promotionsstudium der Philosophie an der Hochschule für Philosophie München (bei Prof. Dr. Gerd Haeffner), Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung

• 2006 – 2008 // Dozent für Religionswissenschaft und Philosophie an der VHS München

• 2009 – 2013 // Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Alfter/Bonn

• 2013 - 2018 // Juniorprofessor an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft

• Seit 2013 // (Stellvertretender, ab 2017) Leiter des Instituts für philosophische und ästhetische Bildung sowie des Studium Generale

• Seit 2015 // Leiter des Studiengangs B.A. Philosophy, Arts and Social Entrepreneurship

• Seit 2018 // Professor für philosophische Anthropologie