"Co-productions of bodies, food and gender"
Food and foodways are challenging objects of research for social sciences, especially in regards of the relation between nature and culture, since eating is commonly seen as a question of biological needs of the body. Notable examples are gender-specific guidelines and recommendations for the daily amount of calories, or the masculine connotation of meat consumption that is frequently based on the physical strengthening effects of meat. Approaches within social sciences and humanities in the study of food often also build upon set up boundaries between natural and cultural ‘parts’ of eating and nutrition. Against this background, I will present an approach towards the “co-productions” of foodstuffs, bodies and gender that is set beyond the nature-culture divide. In doing so, I will examine materialisations of bodily boundaries and the coupling between technically produced ‘biofactual’ foodstuffs and bodies through metabolism.
On the basis of ethnographic fieldwork at food exhibitions and trade fairs and interviews with nutrition scientists and other actors in the field of food production and politics I will analyse the relations, potentials of agency and social power relations of protein. By researching meat and meat alternatives I will argue that the gendering shifts from the substantial meal to the level of nutrients. Not meat, but protein is the stuff that is made responsible for building muscles in everyday knowledge. Protein is thus to be regarded as an enacted and bounded actant that is ascribed with a certain agency. However, this agency is not inert to the nutrient, but exists only in relation the other entities and discourses. It is co-produced with strong bodies and hegemonic masculinity.
Martin Winter is sociologist. He is currently researcher at the Department for Sociology at the TU Darmstadt. His research areas include Cultural Sociology, Science and Technology Studies, Food Studies, Gender Studies, Sound Studies and qualitative research methodologies. He studied sociology in Graz from 2006 until 2013. After that he worked at the University of Music and Performing Arts Graz and the RWTH Aachen University. He currently writes a PhD-Thesis on the Co-Production of Foodstuffs, Bodies and Gender.
"Ko-Produktionen von Körpern, Nahrung und Geschlecht"
Ernährung stellt einen herausfordernden Gegenstand für die Sozialwissenschaften dar, insbesondere in Bezug auf das Verhältnis von Natur und Kultur. Denn Ernährung wird häufig als Frage biologischer Bedarfe von Körpern betrachtet. Eindrücklich zeigt sich dies an qua Geschlecht differenzierten Empfehlungen zur Aufnahme von Kalorien oder an der männlichen Konnotation des Fleischkonsums, die häufig mit einer körperlich ‚stärkenden‘ Wirkung des Fleisches begründet wird. Auch in den Sozialwissenschaften werden immer wieder Grenzen zwischen einem sozialen und einem natürlichen ‚Anteil‘ von Ernährung gezogen. Vor diesem Hintergrund erarbeite ich mit einer Perspektive auf die „Ko-Produktionen“ von Körpern, Nahrung und Geschlecht einen Ansatz, der diese Grenzziehung überwinden soll. In den Blick kommen Materialisierungen körperlicher Grenzen und die Kopplung technisch produzierter, „biofaktischer“ Nahrung mit Körpern im Metabolismus.
Auf der Grundlage ethnografischer Beobachtungen bei Ernährungsmessen und Expert*inneninterviews mit Ernährungswissenschaftler*innen und anderen Akteur*innen im Bereich der Ernährung analysiere ich das relationale Zusammenspiel, die jeweiligen Handlungspotentiale und die Frage gesellschaftlicher Machtverhältnisse am Gegenstand der Proteine. In einer Untersuchung von Fleisch und seinen Alternativen zeigt sich, dass es zu einer Verschiebung der Vergeschlechtlichung von den Lebensmitteln hin zu den Nährstoffen kommt: Statt Fleisch ist nun Protein der Stoff, der auch im Alltag im Zusammenhang mit Muskelaufbau steht. Protein ist als spezifisch abgegrenzter Aktant mit einer agency verbunden, die aber nicht unabhängig von spezifischen Hervorbringungen in Relation zu anderen Entitäten und Diskursen besteht. Es wird ko-produziert mit starken Körpern und hegemonialer Männlichkeit.
Martin Winter ist Soziologe. Er lehrt und forscht derzeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der TU Darmstadt. Seine Schwerpunkte liegen in der Kultursoziologie, der Wissenschafts- und Technikforschung, der Geschlechtersoziologie und der qualitativen Sozialforschung. Er arbeitet aus diesen Perspektiven zu den Themen Essen und Ernährung, Körper, Materialität/en und Biopolitik, sowie Musik und Klang.
Er hat von 2006 bis 2013 an der Karl-Franzens-Universität Graz studiert. Anschließende Stationen waren 2014 die Kunstuniversität Graz und von 2013 bis 2016 die RWTH Aachen. Ausgehend von einem vom hessischen Wissenschaftsministerium geförderten Forschungsprojekt zu „Ernährungskulturen und Geschlecht“ verfasst er derzeit seine Promotion, die sich mit Ko-Produktionen von Lebensmitteln, Körpern und Männlichkeiten beschäftigt.