Annette Schnabel/Alexandra König

"Von Menschen und Tieren in der Moderne – Zur Professionalisierung von Tieren"

Bereits Weber sah die Moderne als Rationalisierungskontext, in dem Professionalisierung eine zentrale Rolle spielt. Diese Beschreibung betrifft auch das moderne  Tier-Mensch-Verhältnis zu: Hier hat sich die Nutzung von Tieren industrialisiert und rund um das Tier differenzieren sich Professionen wie Tierärzte, Tierbestatter, Tierpflegende, Tiertrainer aus. Darüber hinaus wird in der Moderne das Tier selbst zum „Profi“, z.B. im medizinischen und therapeutischen Bereich, bei Rettungseinsätzen, im Sport oder Krieg oder beim Aufspüren gefährlicher und unerlaubter Substanzen. Tiere werden wegen ihrer spezifischen Fähigkeiten und Fertigkeiten geschätzt, ausgebildet und eingesetzt.

Unser Beitrag zeigt, dass sich dieser Einsatz als Professionalisierung im modernen Sinne lesen lässt. An Hand einer explorativ-qualitativen Auswertung von Webseiten zu Ausbildungen rund Hunde und Pferde im Polizeieinsatz zeigen wir, wie durch Praxen des Ko-Lernens Tiere zu Profis „gemacht“ werden und wie sie zu den menschlichen Kolleg*innen ins Verhältnis gesetzt werden.

Dabei geht es zum einen darum, die Versprachlichung der tierischen Professionalisierung nachzuzeichnen und zum anderen darum, wie Kollegialität zwischen Menschen und Tieren gedacht ist.

Zum einen wollen wir damit offenlegen, wie Grenzregime zwischen Tieren und Menschen durch Professionalisierung unterlaufen werden ohne grundsätzlich in Frage gestellt zu sein. Zum anderen wollen wir einen Beitrag zur Humandezentrierung leisten, indem wir zeigen, dass Moderne nicht allein (human-)interaktiv gestaltet wird, sondern dass Ko-Professionalisierung von und mit Tieren ein wichtiger Bestandteil eben dieser Moderne ist. Damit wird aus unserer Sicht auch ein alternativer Professionsbegriff notwendig, der jenseits der Unterscheidung von Klient*nnen/Professionellen (z.B. von Oevermann 1996) vor allem die situative Kontextualisierung von professionellen Praxen benötigt.

 

 

"Of humans and animals in moderny – pofessionalisation of animals"

Max Weber already saw professionalization as a central element of modernity.  Professionalization now became in integral part of the human-animal-relationship as well: e.g. as industrial processing of animals and as occupational differentiation around animals such as veterinarians, animal caretakers or animal trainers. Beyond that, animals themselves became professionals supporting modern human life as medical and therapeutical experts, in rescue missions, in sports and wars or for detecting  dangerous or illegal substances. For such employments, animals are assessed, trained and put in action.

Our talk shows that the employment of animals can be understood as “professionalization”. Using homepages addressing the training of dogs and horses and their handlers for police services we will show how co-training of animals and humans transform animals as “colleagues” and how cooperative relationships are fabricated.

We focus on the linguistic articulation of such relationships and of the description of the professional training in order to trace the fabrication of these special cooperative relationships.

By the means of such tracing we want to show on one hand how boundary work (Grenzregime) between humans as social actors and animals is produced and perforated without being rejected in total. On the other hand, we contribute to human-decentralisation of sociology by arguing that the professionalization of animals makes it necessary to think about new concepts of “profession” by overcoming the usual difference between laymen and professionals (e.g. Oevermann 1996) though a contextualisation of professional practices.

 

 

Alexandra König hat die Professur für Sozialisationsforschung an der Universität Duisburg-Essen in der Fakultät für Bildungsforschung inne. Als Soziologin arbeitet sie zu Fragen der Sozialisation und Bildung, zu Kindheit und Jugend, zu Kultur und Ästhetik. Grundlegend ist das Interesse an den Weisen der Herstellung sozialer, und vor allem ungleicher Ordnung, insbesondere aus interaktionistischer Perspektive. Aktuelle Forschungsthemen sind die Herstellung von Familie im transnationalen Raum, die Suche nach „guten Eltern“ in Adoptionsverfahren sowie Flüchtlingskindheit in Deutschland. Zuletzt erschien ihre Habilitationsschrift „Spielfelder des Selbst. Eine Längsschnittstudie zu jungen Erwachsenen in Handwerksbetrieben, Hochschulen und Kunstakademien“ bei Juventa (2019).

Annette Schnabel ist Professorin für Soziologie und Soziologische Theorie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.  Wissenschaftliche Interessen sind: Religiöse und nationale Identitäten, Geschlecht, Wohlfahrtsstaat und soziale Bewegungen aus der Perspektive der Theorien rationaler Handlungswahl. Adressiert werden diese Themen sowohl theoretisch als auch empirisch-quantitativ. Seit  2017 Mitherausgeberin der ZRGP (Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik) und der ZfS (Zeitschrift für Soziologie). Seit 2017 zusammen mit Markus Quandt (GESIS) principal investigator des DFG-geförderten Projekts ONBound („Old and New Boundaries: National and Religious Identities“, [https:/ https://www.onbound.international]). Akturelle Publikationen sind: „Handbuch der Religion im Kontext”, Nomos Verlag (2018, zusammen mit M. Reddig und H. Winkel); “Theorien sozialer Bwegung”, Campus-Verlag (2017, zusammen mit H. Beyer); “Religion und Wohlfahrtsstaat in Europa – eine ambivalente Liaison“,  Zeitschrift für Religion und Gesellschaft (2017).